Hamburg-Wilhelmsburg // Debattieren, wählen, abstimmen: Welche politischen Akzente sollen gesetzt werden? Was muss die kommende Regierung schnellstmöglich angehen? Wie kann gute Arbeit gewährleistet werden? Wofür soll sich die Industriegewerkschaft verstärkt einsetzen? Solche und andere Fragen standen im Mittelpunkt der Bezirksdelegiertenkonferenz am Samstag, 29. März, im Bürgerhaus Wilhelmsburg. Eingeladen hatte die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE). Rund 70 Delegierte aus Unternehmen aus dem gesamten Bezirk Hamburg/Harburg, der sich von Hamburg über Lüneburg bis Cuxhaven erstreckt, folgten der Einladung, um vor Ort über eingebrachte Anträge abzustimmen und neue Gremien zu wählen. Gäste waren Melanie Leonhard, Senatorin für Wirtschaft und Innovation, Tanja Chawla, DGB Hamburg-Vorsitzende, Franceso Grioli, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IGBCE, und Ralf Becker, IGBCE-Landesbezirksleiter Nord. IGBCE-Bezirksleiter Hamburg/Harburg Jan Koltze begrüßte die Teilnehmenden. Die Konferenz stand unter dem Motto „Zugkräftig-Weitsichtig-Zukunftsfähig“.



Melanie Leonhard betonte die aktuelle Wichtigkeit von gewerkschaftlicher Arbeit: „Die politische Debatte ist in vielen Fällen gekennzeichnet von Polarisierung, Zwischentöne findet man kaum noch. Ich glaube, dass wir als Gesamtgesellschaft darauf angewiesen sind, dass sich auch gerade gewerkschaftlich organisierte Menschen immer wieder zu Wort melden. Historisch sind Gewerkschaften die Organisationen, die institutionalisiert haben, was strukturierte Auseinandersetzung im Sinne der guten Sache bedeutet. Und das fehlt uns mittlerweile in der politischen Debatte weitgehend. Wenn das mit der Transformation unserer Wirtschaft funktionieren soll, wenn wir energieunabhängig und energiesouverän werden wollen, dann wird es uns nur gelingen, wenn wir auch eine große gesellschaftliche Akzeptanz für die Veränderungsprozesse haben. Es ist eine große Aufgabe von Gewerkschaften, auch das zu begleiten.“
Francesco Grioli appellierte an die Politik, die energieintensiven Unternehmen entschieden zu unterstützen, und hob die Wichtigkeit von Investitionen und Innovationen hervor, um den Wirtschaftsstandort zu erhalten. „Seit den Zeiten des Wirtschaftswunders haben wir auf industrieller Basis Wohlstand aufbauen können. Wir sind jetzt gerade in der Situation, in der wir sehen, dass ein Teil dieses Fundaments echte Risse bekommen hat. In den energieintensiven Industrien haben wir keinen fairen Wettbewerb mehr.“ Sowohl Wirtschaftsmodell als auch Demokratie, die eng miteinander verbunden seien, gelte es, mit klarer Kante zu verteidigen.
„Am Ende des Tages müssen wir es erreichen, dass unsere Unternehmen in Deutschland wieder wettbewerbsfähig arbeiten können. Produkte, die wir hier herstellen können – und zwar nachhaltiger als anderswo -, müssen auch bei uns produziert werden. Wenn das politisch begleitet wird – was es muss -, bringt es letztlich Gestaltungsspielraum, Wohlstand und Handlungsoptionen“, sagte Ralf Becker. Dies nutze auch der Demokratie und wirke Populismus entgegen.



Tanja Chawla ergänzte: „Wir stehen ganz klar für Demokratie. Das ist etwas, was Gewerkschaften gut können – gerade auch im Hinblick auf betriebliche Mitbestimmung. Genau das ist es, was wir tagtäglich leben und dem ganzen rechtspopulistischen Mist entgegensetzen und entgegensetzen müssen.“ Chawla weiter: „Und ganz ehrlich: Demokratie ist die bessere Party!“
Mehr als 30 Anträge reichten im Vorfeld der Konferenz die Delegierten aus ihren Unternehmen ein. Themen waren unter anderen die Einführung des Vaterschaftsurlaubs, Herabsetzung des gesetzlichen Rentenalters für langjährige Schichtarbeiter, Sicherstellung der Energieversorgung für energieintensive Industrien, Feiertagszuschlag für Silvester sowie Schaffung und Förderung von Wohnheimen für Auszubildende zur Sicherung der beruflichen Ausbildung und zur Förderung von Chancengleichheit. Im Bürgerhaus Wilhelmsburg diskutierten die Delegierten die eingebrachten Anträge konstruktiv.
Bevor die Anträge debattiert wurden, wählten die Delegierten zunächst einen neuen Bezirksvorstand – bestehend aus 15 Personen aus den Unternehmen des Bezirks –, 17 Landesbezirksdelegierte und weitere Gremien.
Die Bezirksdelegiertenkonferenz in Hamburg-Wilhelmsburg ist ein Schritt auf dem Weg zum 8. Ordentlichen Gewerkschaftskongress der IGBCE im Oktober in Hannover, auf dem die Anträge final diskutiert und die Weichen für die Zukunft gestellt werden.
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Christoph Kohlhöfer
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